Bitte Wenden

Bitte Wenden!

Der folgende Artikel erläutert vier Grundprinzipien, als praktische Entscheidungshilfen für die Klimawandel-bedingten anstehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformationsprozesse.

Vier Prinzipien, um unsere Wirtschaft nachhaltig aufzustellen

Mit hoher Geschwindigkeit abzubiegen ist bekanntlich gefährlich. Corona hat uns gezwungen zu bremsen. Es hat uns die Verletzlichkeit unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems aufgezeigt. Statt einfach wieder Fahrt aufzunehmen und mit Volldampf in den drohenden Abgrund des Klimawandels zu rauschen, sollten wir die Chance nutzen, in Richtung Nachhaltigkeit abzubiegen. Der folgende Artikel beleuchtet vier wesentliche Grundprinzipien, dieses Wendemanöver schnell und effektiv umzusetzen. Dabei wird vor allem die Notwendigkeit von Wachstum für alle Zukunftsinvestitionen als Mythos entlarvt und praktische Entscheidungshilfen die anstehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformationsprozesse gegeben.

Lernen aus der aktuellen Krise

Deutschland ist bislang recht glimpflich durch die Pandemie gekommen. Viele Länder beneiden uns um unseren relativ gut funktionierenden Sozialstaat mit Mechanismen wie dem Kurzarbeitergeld und die Stabilität unseres Gesundheitswesens. Vieles war gut vorbereitet und viele haben einen exzellenten Job gemacht. Das hohe Maß an Solidarität in der Gesellschaft hat zu einer breiten Akzeptanz der getroffenen Maßnahmen geführt. Dennoch gab und gibt erhebliche Probleme. Viele Existenzen sind gefährdet, der Schaden für die Gesellschaft ist noch nicht absehbar. Vieles hätte besser laufen können. Die viel zu späte „App“ hätte es als Bürger-App mit verschiedenen Vergünstigungen in öffentlichen Einrichtungen schon viel früher geben können, so dass sie bei Bedarf nur hätte aktiviert werden müssen. Einfach zu leistende Hilfen für von Schließung betroffene Betriebe hätten viel effektiver über Algorithmen-gestützte Verfahren über die Finanzämter ausgezahlt werden können. Nicht zuletzt hätte das weitestgehend improvisierte Home-Schooling oder die Logistik für alle wichtigen medizinischen, pharmakologischen und versorgungskritischen Produktions- und Logistiklinien deutlich besser organisiert sein können.

Warum nicht?

Krisen gibt es immer wieder. Leider dreht sich die öffentliche Diskussion fast immer um Gewinne, Wirtschaftswachstum, Brutto-Inlands-Produkt, Zinsen, Arbeitslosenzahlen und Wiederwahlen. Obwohl bekannt ist, dass in Krisenzeiten diejenigen überleben, die ausreichend auf die Risiken vorbereitet sind, ist die Verlockung offensichtlich groß, ohne Risikovorsorge größere Gewinne zu erwirtschaften und diese aus dem Unternehmen zu ziehen oder in Wachstum zu investieren. Nach mir die Sintflut und die Klimakrise… 

Risiko-Vorsorge ist nicht „sexy“, wie man an der immer noch schleppenden Diskussion um mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz sieht. Solange mit fossiler Technologie gutes Geld verdient wird, soll die Party bitte nicht gestört werden! Ähnlichkeiten im Umgang mit den Corona-Partys in Skiparadiesen sind wohl nicht zufällig. Das vorherrschende Paradigma, das schnelles Geld wichtiger ist als verantwortungsvolle Schadensvermeidung, wird uns in der Zukunft jedenfalls nicht helfen, kommenden Krisen adäquat zu begegnen.

Von der Zukunft aus planen

Alles beim Alten zu lassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert, ist – wie Einstein schon feststellte – die reinste Form des Wahnsinns. Und er ging noch einen Schritt weiter, in dem er proklamierte, dass Probleme sich meist nicht mit derselben Denkweise lösen lassen, durch die sie entstanden sind. Statt zu überlegen, wie man die bestehenden Steuer- und Förderstrukturen ein wenig nachjustieren könnte, wäre es sinnvoller, diese komplett neu aufzusetzen und von der Zukunft aus zu planen: Wie soll die Zukunft in 20 Jahren aussehen und welche Schritte sind notwendig, um dieses Ziel zu erreichen?

Obwohl die Vorstellungen über die Zukunft in Teilen sehr verschieden sind, lassen sich vielleicht ein paar Grundvisionen erarbeiten, die gesellschaftlich genügend Konsens finden, um als Zielkorridor zu fungieren. Dabei ist es gar nicht notwendig alle Schritte im Einzelnen vorausplanen können. Es würde schon reichen, Ideen und Maßnahmenvorschläge der Gegenwart danach zu bewerten, ob sie der Zielerreichung förderlich sind oder nicht. Dies kombiniert mit einen Ideenwettbewerb für eine lebenswerte krisensicherere Zukunft, würde sicherlich viele überraschende Lösungen generieren.

Vielleicht helfen dabei auch ein paar grundlegende Prinzipien, die es den Handelnden erleichtert, weise Entscheidungen zu treffen:

Prinzip 1: Die Wirtschaft soll der Gesellschaft dienen, nicht umgekehrt.

Wenn eine Gesellschaft im Wesentlichen danach arbeitet, dass jeder „sein Ding macht“, dann kann eine koordinierte solidarische Reaktion – zum Beispiel zur Bewältigung einer Krise – nicht funktionieren. Gibt es jedoch einen großen Konsens, dass wir alle von einander abhängige Akteure eines Gemeinwesens sind, dann lassen sich auch große Gemeinschaftsvorhaben umsetzen.

Allerdings dürfen die Anreiz- und Sanktionsmechanismen nicht im krassen Widerspruch zu dieser Grundphilosophie stehen. Es geht nicht um das Ende der Marktwirtschaft. Es geht lediglich um die Spielregeln. Marktteilnehmer sind wie Fußballspieler. Wenn Sie sich ungerecht behandelt fühlen, meckern sie lauthals über die Regeln, den Schiedsrichter oder das Organisationskomitee – besonders, wenn sie Profiteure der alten Regeln waren. Da sie aber mitspielen wollen, akzeptieren sie die Regeln letztendlich. Neue Ziele führen zu neuen Regeln.

Statt auf ein auf Umsatz und Gewinn aufbauendes Steuersystem zu setzen, könnte unsere Gesellschaft zu einem auf gesellschaftlichen Nutzen ausgerichteten Steuersystem migrieren. Die Diskussion um eine CO2-Steuer ist nur ein erster Anfang. Neben der CO2-Vermeidung geht es ja auch um die Vermeidung von Rohstoffvernichtung, mehr Beschäftigung, bessere Sozialstandards, Tierwohl, Krisensicherheit und viele mehr.

Warum also nicht auch: Wer auf Recycling, Regeneration und Umweltverträglichkeit setzt, zahlt weniger Steuern als derjenige, der mit seinen Produkten Ressourcen unwiederbringlich verbraucht. Systemrelevanz wird bessergestellt als Nicht-Systemrelevanz. Selbst Tierwohl und die Einhaltung von Sozialstandards werden attraktiv, wenn „mehr Wert“ monetär günstiger gestellt wird als „weniger Wert“. Der Bilanz für den gesellschaftlichen Nutzen sollte eine Schlüsselfunktion zukommen, für die Höhe der Besteuerung wie auch für die Förderungen von Produkten und Leistungen.

Prinzip 2: Systemrelevante Lieferketten kleinräumig organisieren

Wer schon mal eine „Off-Road-Tour“ gemacht hat, weiß wie wichtig die Vorbereitung ist. Egal ob eine Ozeanüberquerung im Segelboot, ein mehrtägiger Trip in einen Urwald oder die Besteigung eines Achttausenders – wenn der nächste Supermarkt, die nächste Apotheke und der nächste Baumarkt ein paar Reisetage entfernt sind, kann eine ungeahnte Überraschung schnell existenzbedrohend werden. Besser, man hat alles Wichtige bei sich oder mindestens ein paar Depots in der Nähe. In unserer global organisierten „just-in-time“ Welt ist der Schlankheitswahn nicht nur bezüglich mancher Laufsteg-Models ausgebrochen, sondern auch für Unternehmen. Wird der Sicherheit systemrelevanter Lieferketten steuerliches Gewicht verschafft, wird kleinräumige Versorgung attraktiv.

Was genau ist eigentlich systemrelevant? Ein Live-Auftritt von Popstars wahrscheinlich ebenso wenig wie Sportschuhe oder Designerklamotten. Höchst wahrscheinlich jedoch: Essen, ein Dach über dem Kopf, Energieversorgung und Kommunikation sowie medizinische Grundstoffe und Atemmasken, wie wir gerade gelernt haben. Dazu kommt: Je mehr Lieferanten einen Beitrag leisten können, desto robuster ist das System gegenüber punktuellen Störungen – egal welcher Art von Katastrophe wir gegenüber stehen. Viele kleinräumig organisierte und intelligent vernetzte Akteure sind deutlich robuster als ein Zentralversorger. Wenn das Herz aufhört zu schlagen, gehen überall die Lichter aus. Deshalb werden die systemrelevanten kleinräumigen Versorgungsketten vor allem vom Mittelstand zu tragen sein.

Übrigens hilft dieses Prinzip auch gegen Armut und damit wachsende Flüchtlingsströme. Wer eine ausreichende eigene Grundversorgung hat, flüchtet nicht aus lauter Verzweiflung. Statt ganze Regionen von Saatgut, Wasser und Öl aus dem Ausland abhängig zu machen, die sie sich mit der klimakrisenbedingten Verschärfung der Lebensumstände ohnehin nicht mehr werden leisten können, sollten die lokalen Grundversorgungskreisläufe gefördert und stabilisiert werden. Das hilft den Menschen in den betroffenen Ländern ebenso wie uns. Klimabedingte Flüchtlingsströme werden wir nur dann nachhaltig verhindern können, wenn Gesellschaften ihre Grundversorgung selber organisieren können. Wirtschaftspartner werden erst dann interessant, wenn Sie selber genug erwirtschaften, um sinnvollen Handel treiben zu können.

Prinzip 3: Qualität ist besser als Wachstum

Das Problem ständigem Wachstums wird uns gerade in der Pandemie sehr anschaulich vor Augen geführt. Virale Ausbrüche werden vermutlich der Renner im diesjährigen Mathematikunterricht für die Exponentialfunktion sein. Stetiges Wachstum führt irgendwann zur Explosion in der Wachstumskurve. Werden für das Wachstum Ressourcen aus einem begrenzten System benötigt, bricht das Wachstum zwangsläufig irgendwann zusammen und kollabiert. Bei der Pandemie ist das im positiven Sinne das Erreichen der Herdenimmunität. Bei der Ausbeutung unseres Planeten sind wir gerade noch am Ausprobieren…

Es ist unmöglich immer zu wachsen. Warum dieses Prinzip ausgerechnet für Wirtschaftsunternehmen und Volkswirtschaften nicht gelten soll, ist schwer nachzuvollziehen. Dennoch ist und bleibt ein möglichst hohes Wachstum das erklärte Ziel der letzten Jahrzehnte in der öffentlichen Wirtschaftsdiskussion. Mathematik lässt sich aber nicht austricksen. Wachstum ist nur „gesund“ bis man eine für seine Umgebung optimale Größe erreicht hat. Stattdessen „Qualitatives Wachstum“? Machen wir uns nichts vor, ein Maulesel wird nicht zum Zebra, wenn man ihm Streifen anmalt. Wir brauchen einfach kein dauerhaftes Wachstum. Und schon gar nicht Wachstum bei Indizes, die nicht ansatzweise zu unserer Lebensqualität beitragen. Stellen Sie sich einfach vor, Sie müssten Atemluft kaufen. Das wäre genial für das Wirtschaftswachstum und das Brutto-Sozialprodukt…

Als Paradies wurde in früheren Zeiten „das Land, in dem Milch und Honig fließen“ angesehen. Gemeint war ein Leben im Überfluss. Bei Überfluss bilden sich allerdings keine Märkte, denn wenn überall genug da ist, ist niemand bereit, einem anderen Geld für Milch, Honig oder Atemluft zu bezahlen. Knappheit ist also nicht erstrebenswert, Überfluss hingegen schon. Energie, beispielsweise, ist im Überfluss vorhanden, genauso wie Wasser, Informationen und Wissen – oder wenn wir wollen Freundlichkeit und Nächstenliebe. Teilweise werden Investitionen benötigt, um diese Ressourcen bereitzustellen. Sind die Investitionen einmal getätigt, dann sind die weiteren Bereitstellungskosten bei nahe null. Mittlerweile wird in vielen Teilen der Welt über die Gestaltung dieser sogenannten „Null-Grenzkosten-Gesellschaft“ diskutiert. Es gibt übrigens mittlerweile interessante Vertragsmodelle, die es in der Investitionsphase ermöglichen, Gewinne zu erzielen und damit auch für Investoren Anreize bieten.[i] Als Gesellschaft sollten wir uns bitte davor hüten, alles an Überfluss zu vermarkten! Vielmehr macht es Sinn, Überfluss langfristig zu schaffen, vor allem an den Dingen, die der Mensch für ein gutes Leben wirklich braucht.

Der Mensch braucht eigentlich nicht viel. Aus dem methodischen Ansatz des Design Thinking wird in vielen Unternehmen für die Definition der gewünschten Produkt- und Dienstleistungsangebote die sogenannte „User-Story“ verwendet. Hier mein Angebot für eine recht universelle User-Story für das Leben:

Als Bürger möchte ich friedlich und gesund mit einem Dach über dem Kopf möglichst selbstbestimmt leben, genug zu essen und zu trinken haben, saubere Luft atmen, erfüllende Sozialkontakte mit Familie oder Freunden pflegen, einer erfüllenden Beschäftigung nachgehen und die Möglichkeiten haben, mein Leben durch Sport-, Kultur- und Unterhaltungsangebote zu bereichern.

Kein Wachstum. Keine 40 Stunden-Jobs. Wir brauchen Lebensqualität zu möglichst geringen Preisen. Das sind die Wertbeiträge, an denen wir die Marktteilnehmer zukünftig bilanzieren könnten. Zudem sollten wir bedenken, dass Informationstechnologie und Robotik gerade dabei sind unsere Arbeitswelt auf den Kopf zu stellen. Immer mehr Dinge können Algorithmen und Maschinen besser, schneller und günstiger machen als wir Menschen. Auf die Fragen, aus welcher Motivation wir Menschen dann etwas machen und wie wir unseren Lebensunterhalt bestreiten, werden wir als Gesellschaften zeitnah Antworten finden müssen. Auch hierfür wird die Förderung und Besteuerung gesellschaftlicher Wertbeiträge erwartbarer Teil der Lösung sein.

Prinzip 4: Kooperation beschleunigt Innovation

Im Gegensatz zu der häufig verbreiteten Meinung, Natur sei vor allem Kampf und Wettbewerb, stellt man bei genauerem Hinsehen fest, dass eigentlich Kooperation das zentrale Erfolgskonzept ist. Egal ob die Kooperation von Zellen und Bakterien bei der Bildung von Pflanzen, Pilzen und Tieren oder die ineinander verzahnten Kreisläufe in Wäldern und Ozeanen: Kooperation wohin man schaut. Kooperation ermöglichst es, sehr schnell, sehr flexibel und sehr verschiedene Fähigkeiten neu zu kombinieren. Sie ermöglicht schnellere Anpassungsfähigkeit vor allem in Krisensituationen. Wenn wir uns aktuell der Corona-Krise oder der sich nähernden Klimakrise stellen müssen, sollten wir in besonderem Maße überlegen, wie wir besser und schneller kooperieren können.

Nie waren die Chancen zu kooperieren, besser als heute. Mit der Vernetzung über das Internet können wir viel leichter geeignete Kooperationspartner finden, mit ihnen diskutieren und neue Ideen entwickeln. Partner aus verschiedenen Disziplinen, Kontinenten und Erfahrungshintergründen schaffen schneller ein umfassendes Bild über Anforderungen, Risiken und Möglichkeiten. Das Zusammenführen verschiedenen Wissens wird immer beliebter. Welt-Cafés, Crowd-Sourcing oder Design Thinking setzen alle auf das Einbringen möglichst unterschiedlicher Sichtweisen und Ideen. Das ursprünglich aus der Softwareentwicklung stammende Format des Hackathons, bei dem viele verschiedene Teilnehmer in einer festgelegten Zeit von Stunden oder Tagen, Lösungen für ein bestimmtes Problem entwickeln und bewerten, findet mittlerweile auch für gesellschaftliche Probleme, erste Anwendung.

Zudem ermöglicht die Digitalisierung mit ihren virtuellen Marktplätzen und Algorithmus-gesteuerten Abrechnungssystemen ganz neue hoch effiziente Wirtschaftsströme. In diesen sogenannten „Ecosystemen“ oder „Plattform-Ökonomien“ verbinden sich unterschiedliche Teilnehmer, um einen wirtschaftlichen Prozess gemeinsam umzusetzen und an diesem zu partizipieren. Ihre disruptive Kernfrage ist jedes Mal die gleiche: Was will der Kunde eigentlich? Und die Antwort heißt regelmäßig nicht: „eine bessere CD“, „ein besserer Video-Recorder“ oder „ein besseres Auto“, sondern „bequemer, günstiger und vielfältiger Musikgenuss“, „bequemer, günstiger und vielfältiger Filmgenuss“, bequeme und günstige Mobilität“. Die Innovationsgeschwindigkeit dieser Plattformen wird all jenen zum Verhängnis, die sich Digitalisierung und Kooperation verweigern. Das die bisherigen Plattformanbieter dabei auch noch horrende Gewinne machen können, liegt genau an dem beschriebenen Null-Grenzkosten-Effekt. Doch statt diese Unternehmen als Monopolisten zu verteufeln, sollten wir in Kooperationen darüber nachdenken, wie wir diese enormen Potenziale durch neue Angebote umlenken können. Als KMU ist das alleine nicht zu stemmen. Neben der Hoffnung, alles würde schon irgendwie weitergehen wie bisher, fehlt es oftmals an Wissen und ernsthaftem Willen, sich auf Digitalisierung, Innovation der Geschäftsmodelle und kooperative Ecosysteme einzulassen. Deshalb sollten wir als Gesellschaft überlegen, wie solche Ecosysteme initiiert und im Sinne des gesellschaftlichen Nutzens gefördert werden können.

Fazit

Die Corona Krise lehrt uns, dass es Sinn macht, sich auf Krisen vorzubereiten, vor allem, wenn sie absehbar sind. Es hätte ganz anders kommen können – im Schlechten wie im Guten. Die Klimakrise ist absehbar, die ersten negativen Auswirkungen sind spürbar, die Warnung der Experten dramatisch. Wenn wir möglichst schnell eine krisenresistente nachhaltige Gesellschaft erreichen wollen, dann ist es empfehlenswert, vier Grundprinzipien miteinander zu kombinieren und diese politisch, gesellschaftlich und individuell zu fördern:

  • Im Fokus der politischen und gesellschaftlichen Zielsetzungen stehen zukünftig weniger wirtschaftliche dafür mehr qualitative Ziele und ihre Kennzahlen.
  • Wirtschaft wird an ihrem Wertbeitrag für die Ziele der Gesellschaft gemessen. Dieses Messen führt zu Förderung oder Erschwerung, insbesondere durch ein an den gesellschaftlichen Zielen orientiertes Steuer- und Fördersystem.
  • Systemrelevante Versorgungsprozesse werden dezentral und, wo es möglich ist, als Kreislaufwirtschaft organisiert.
  • Digitalisierung und Kooperation werden gefördert zur Intensivierung von Innovation sowie zur Koordinierung von kooperativen Ecosystemen.

Wir erleben gerade, zu welcher Flexibilität und Änderungsbereitschaft weite Teile der Gesellschaft bereit sind, wenn die Handlungsnotwendigkeit erkannt, gute Argumente für die Maßnahmen angeführt und positive Erfolge nachvollziehbar erreicht werden. Wir haben jetzt die Entscheidung zu treffen. Entweder wir versuchen, mühsam in unser altes krisenanfälliges und in vielen Bereichen unzulängliches Leben zurückzukehren und werden vermutlich von der nahenden Klimakrise heiß erwischt. Oder wir nutzen das Momentum der Änderungsbereitschaft, um mit Nachdruck gestalterisch in Richtung einer nachhaltig lebenswerten Gesellschaft umzuschwenken. Jetzt ist die Zeit, dies klar zu formulieren und die Weichen zu stellen. Oder wollen wir in einer sich weiter zuspitzenden Klima-Krise in einem noch größeren Scherbenhaufen stehen und wieder sagen: „Es hätte alles ganz anders kommen können.“?


[i] Vgl. Jeremy Rifkin, Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft

#Nachhaltigkeit, #Klimawandel, #Null-Grenzkosten-Gesellschaft, #Transformation, #Green-Deal